Montag, 9. Januar 2012

Zwanzigster Tag: Abschied mit Power-Shopping

Unser letzter Tag in Namibia beginnt erneut sonnig und heiß. Nach so viel Natur und Einsamkeit fordert mein Shopping-Gen Tribut. Meine drei Männer zockeln brav hinterher, zunächst zum Craft Centre in der Alten Brauerei. Das reichhaltige Angebot erschlägt uns alle ein wenig. Bald sitzen wir mit dem nächsten Softdrink im Innenhof.

Wuchtige Couchgarnituren für den afrikanischen Geschmack bewundernd schlendern wir über die Independence Avenue bis zum Zoo Park. Der Zoo ist lang geschlossen, aber die Grünanlage beherbergt immerhin einen Spielplatz mit von Luis und Carl heißgeliebtem Karussell. Hier verausgaben sich die beiden in der Mittagshitze noch einmal so richtig, bis Carl meldet "Eis!". Ja, das kam in Namibia bisher zu kurz. Aber in diesem schrägen Land findet man immer wieder das Unerwartete. So auch an der Ecke Indenpendence Ave./Poststraße: das Café Raith (?). In der kombinierten Bäckerei/Eisdiele sitzen wir auf einer Plattform mitten in der Fußgängerzone und können relativ unbeobachtet People Watching betreiben. Faszinierend, wer da so alles in der Mittagspause vorbeizieht. Businessleute ebenso wie weiße Farmer und Sandalen tragende Touristen, Ladys in High Heels und Leoparden-Look und die imposanten Herero-Damen.

Unser letzter Einkauf: Biltong, also Dörrfleisch, in einer Shopping mall, die uns fast einen umgekehrten Kulturschock einjagd. Hier sieht es ja aus wie in den KölnArcaden! Ein letztes Mal besteigen wir unsern Hillux, er hat jetzt 3.500 km mehr auf dem Tacho als vor der Reise - insgesamt 186.000. Hubert Hester schaut kaum hin, da nehmen wir die Wagenschlüssel gleich mit...(HH bemerkt es aber gerade noch rechtzeitig und so hoffen wir, dass die Schlüssel ihren Weg zurück zum Besitzer gefunden haben). Am Flughafen erwischt uns noch einmal das Matze Klein-Gefühl: Wie glücklich sind wir, als wir im Warteraum eine freie Steckdose zum Laden des Handys entdecken. Wir sind früh dran und bald kennen wir jeden Winkel des Hosea Kutako International Airports persönlich. So ist das eben in einem Land mit 2,3 Millionen Einwohnern. Nach einer recht turbulenten Nacht landen wir morgens um 6 Uhr in Frankfurt. Die Reise ist zu Ende, die mannigfachen Eindrücke und Erlebnisse werden wir nie vergessen.

Sonntag, 8. Januar 2012

Neunzehnter Tag: Katutura

Als ich Morgens um sieben die Hühnerleiter der Empore runter klettere, auf der ich mit Luis genächtigt habe, macht sich Erleichterung breit: Carl fiebert nicht mehr, er scheint kuriert. Wir genießen ausgiebig das beste Frühstück dieser Reise und lümmeln bis gegen Mittag vor und in unserem Zimmer herum (ich sage nur: WLAN!), packen auch schon mal die ein oder andere Tasche um. Unser nächstes Ziel: Penduka, ein  Selbsthilfe-Projekt am Goreangab Dam im Norden Windhoeks. Einst befand sich an der kleinen Talsperre der Yachtclub, aber die heranwuchernden Townships von Katutura vermiesten den Besserverdienern wohl den Spaß an ihrem Treffpunkt. Heute befinden sich etliche Werkstätten, ein Shop, ein Restaurant und einige einfache Rundhäuser, in denen man übernachten kann, auf dem Gelände. Überwiegend Frauen, viele HIV-positiv oder tuberkulosekrank, produzieren hier wunderbares Kunsthandwerk, wie man es in den zahlreichen Craft Shops Namibias nur selten findet. Ein guter Ort also für wirklich tolle Mitbringsel.

Das Projekt ist jedoch nicht ganz einfach zu finden. Zunächst denken wir, einer der Squatter hätte auch die auf unserer Else angezeigte Straße hinunter zum See zugebaut. Also drehen wir noch eine Ehrenrunde und bestaunen ausgiebig das bunte Treiben in den - mal mehr, mal weniger erbärmlichen - Townships. Angst haben wir nicht. Es herrscht eine sehr geschäftige, irgendwie auch geordnete Atmosphäre. "Die Leute sehen gar nicht traurig aus", stellt Luis fest. Sollten sie das?

Am Nachmittag beziehen wir wieder unser schönes Familienzimmer in der Pension Steiner. Es regnet, was Carl und Luis aber nicht davon abhält, der Hitze durch einen Sprung in den Pool zu entkommen. Wir schwimmen, spielen, lesen, bloggen bis wir gegen 18 Uhr zum Abendessen fahren. Da Carl wieder ganz gesund ist, kann auch er das schöne Ambiente und das gute Essen bei Luigi and the fish in vollen Zügen genießen. Nach einem kleinen Eklat habe ich das Vergnügen, die letzten Beiträge für diesen Blog verfassen zu dürfen. Aber auch unser letzter Abend in Namibia endet schließlich friedlich mit viel Herumgealbere im kleinen Garten der Pension.

Samstag, 7. Januar 2012

Achtzehnter Tag: Patient Carl

"Dad, ich muss kotzen!" beginnt der neue Tag früh morgens um 3. Vorsichtig luge ich aus dem Dachzelt, das ich mir heute mit Luis teile. Zwei Meter nebenan sehe ich Carls zerzaustes Köpfchen. Puh, wenigstens nicht das Zelt eingesaut, denke ich mir. Nach einer (vor allem für Jörg) unruhigen Nacht ist Carl auch nach Sonnenaufgang nicht wieder fit. Im Gegenteil: Das Kind glüht, das Fieberthermometer klettert auf fast 40 Grad. Nach dem Frühsück fahren wir durch die großzügigen, von viel Grün gesäumten Straßen von Tsumeb zum Krankenhaus. Dort können wir zwar medizinisches Gerät aus dem letzten Jahrhundert bewundern, ein Arzt ist aber nicht anwesend - es ist Sonntag.Wir landen in der Praxis von Dr. Badenhorst, der sich trotz des vollen Wartezimmers - in Tsumeb grassiert anscheinend ein heftiges Magen-Darm-Virus - viel Zeit für uns nimmt. Der Malaria-Test ist negativ, "aber das muss nichts heißen" be(un)ruhigt uns der Arzt. Auch der Urin wird untersucht, aber so richtig fündig wird der Doc nicht. Am Ende bekommen wir ein paar Fieberzäpfchen und die Wahl, Carl entweder zur Beobachtung ins Krankenhaus zu bringen oder die Reise nach Windhoek anzutreten und das Kind dabei gut im Auge zu behalten - wir entscheiden uns für Letzteres.

Gegen Mittag verabschieden wir uns von Kurt und Erika, die durch den Caprivi weiter Richtung Sambia fahren und verlassen Tsumeb. Außer Dr. Badenhorst und dem Freibad-Campingplatz haben wir nichts von der Stadt gesehen - schade, sie machte einen angenehmen Eindruck. Auf der geteerten B1 geht es untermalt von den 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär zügig voran. In Otjiwarongo stoppen wir für ein spätes Mittagessen, aber es ist Sonntag und zudem fast drei, so dass wir schließlich bei Wimpy's landen. Immerhin gibt es hier ausreichend der von Dr. Badenhorst empfohlene Medizin gegen Dehydrierung: Cola. Tatsächlich ist Carls Fieber gesunken und auch er isst eine Kleinigkeit.

Um sechs Uhr Abends steuern wir in Okahandia eine Pension an. Aber weder das Zimmer noch der Rest des Örtchens laden zum Verweilen ein. Ich nörgele ein wenig herum, so dass wir schließlich die Okapuka-Lodge kurz vor Windhoek ansteuern, die über ein gutes Restaurant verfügen und noch einmal richtig Afrika-Feeling versprühen soll. Carl und Luis sind begeistert: Vor dem offenen Barbereich der Lodge grasen Warzenschweine und Antilopen fast zum Anfassen nah. Wir sind es weniger: Das Zimmer kostet doppelt so viel wie am Telefon angekündigt. Aber wir sind k.o. und es ist ja auch wirklich sehr schön, also bleiben wir trotzdem. Carls Fieber ist wieder sehr hoch, und während Jörg mit ihm auf dem Zimmer bleibt essen Luis und ich in gedrückter Stimmung Spurenleser-Pfandl und Spaghetti mit Wild-Bolognese (die Küche der Lodge hat einen österreichischen Einschlag). Um 21 Uhr liegen wir alle im Bett - gute Nacht!

Freitag, 6. Januar 2012

Siebzehnter Tag: Abschied von Etosha und Campen im Freibad

Die Nacht in Halali verläuft ruhiger als in Okaukujo, erst am frühen Morgren machen sich die ersten Vögel bemerkbar. Auch die Waschhäuser sind hier angenehmer. Beim Frühstück bewundern wir Glanzstare, einen Toko und beinahe zahme Erdhörnchen. Während wir das Lager räumen verschwinden Luis und Carl schnell noch einmal in Richtung des (relativ großen) Pools. Wenn die wüssten...

Im Konvoi fahren wir die vielen Schleifen in Richtung Namutoni, dem östlichsten Camp des Parks. Tiere sehen wir zunächst kaum und verlieren schließlich auch Erika und Kurt, die gemächlich hinter uns herzockeln. Schade, die beiden hatten nämlich eine recht intime Begegnung mit einem neugierigen Nashorn! Je mehr wir uns Namutoni nähern, desto mehr Tiere tauchen allmählich wieder auf - vor allem Antilopenarten, die wir noch nicht kennen wie Schwarznasenimpalas und Steinböckchen. Außerdem gelingen schöne Vogelfotos: Adler, Sekretärvogel und Marabu. In der Etosha-Pfanne sind mit dem Fernglas Hunderte Flamingos auszumachen - aber an dieser Stelle gibt es keine Möglichkeit, sich zu nähern.

Beim heutigen Hase-und Igel-Spiel gewinnen Kurt und Erika: sie sitzen bereits im Schatten unter einem Baum mitten in dem alten Fort, wo angeblich wenige deutsche Kämpfer einem Angriff der zahlenmäßig weit überlegenen Owambo tapfer getrotzt haben sollen. Naja... Wir picknicken und erkunden das Fort, bevor wir uns auf die letzte kleine Tour Richtung Ausgang aufmachen. Sehr zufrieden mit unseren Sichtungen, bei denen ja - bis auf Geparden - alles dabei war...oder doch nicht? Nochmal ein paar Elefanten wären schön. Am Wasserloch Namutoni und Klein-Okevi tummeln sich mal wieder Zebras, Antilopen und Gnus mit ihrem Nachwuchs - süß! In Groß-Okevi haben wir dann nochmal richtig Glück: eine Elefantenfamilie steht dort und trinkt. Wir beobachten sie ausgiebig, fahren dann eine kleine Schleife zum Wenden. Huch, da, zwischen den Bäumen, da sind ja noch mehr! Tatsächlich sind es mindestens 30, die dort im Stau stehen. In kleinen Gruppen, die Jungtiere immer schön in ihrer Mitte, schreiten sie ans Wasser, trinken und stolzieren dann Grünzeug mampfend davon. Das kleinste kommt ziemlich zum Schluss: ein Eli-Baby, das wahrscheinlich tatsächlich erst ein paar Wochen alt ist.

Beseelt und glücklich verlassen wir den Park. Die San vom Treesleeper Camp, denen wir eigentlich noch einen Besuch astatten wollten, sind leider nicht erreichbar. Wir "brettern" über die Teerpad nach Tsumeb - heute Abend sind wir wieder die Ersten.

Im Resort "Kupferquelle" bauen wir zu einem Spottpreis auf einer gepflegten Rasenfläche 50 Meter vom olympiagroßen Freibad unsere Dachzelte auf. Da wir früh dran sind, bleibt genug ZEit zum Schwimmen, Wäsche waschen und für ein gemütliches Feierabend-Bier. In der ganzen Anlage, die jedem deutschen Freibad wirklich in nichts nachsteht, befinden sich höchstens 15 Menschlein. Hallo? Ist das hier noch Afrika?? Es gibt einen Spielplatz sogar mit Trampolinen, gepflegte Sanitäranlagen und ein Hammer-Restaurant mit vier X-Box-Stationen für die Pänz. Das Essen ist auch wirklich sehr gut (alle Steaks in "Lady-" - und "Man"-Größe bestellbar, dazu eine reichhalte Auswahl an "Helga's" Soßen), aber bei Carl und Luis geht das heute unter.

Donnerstag, 5. Januar 2012

Sechzehnter Tag: Fotosafari

In dieser Nacht ist es heiss, die Luft steht im Zelt und irgendwelche Tiere -- vermutlich Nashörner -- beschallen die Nacht mit lautem "Huuurk-urk-urk!" Früh werde ich wach und scheuche beim Weg zum Waschhaus einen Schabrackenschakal auf, der eine Mülltonne durchwühlt. Der Platz wirkt morgens noch betrüblicher als tagsüber und ich werde froh sein, heute Abend woanders die Zelte aufbauen zu können.

Nach einem kurzen Frühstück bauen wir ab und verlassen diesen Ort für eine Foto-Fahrt bis zum Mittag. Solange es noch nicht zu heiß ist, wollen wir nach Tieren suchen. Auf unserer ersten Fahrt finden wir zunächst zahlreiche Vögel: Riesentrappen, Perlhühner, einen Falken, Sekretärvögel und später Marabus.

Das Wasserloch Gemsbockvlakte teilen sich Springböcke, Zebras und ein prächtiger Oryx. Auf dem Weg nach Olifantsbad nähren mehrere frische, große Dunghaufen die Hoffnung auf Sichtung der Dickhäuter; die stellen sich dort zwar nicht ein, dafür sehen wir Kudus -- und Giraffen, die majestätisch zum Wasserloch schreiten. Um ihren Durst zu löschen, müssen sie jedoch reichlich umständlich ihre Vorderbeine spreizen, damit sie mit ihren langen Hälsen überhaupt das Wasser erreichen.

Da gegen Mittag jedoch kaum noch Tiere zu erwarten sind, schlagen wir den Rückweg nach Okaukuejo ein. Da! An einer nicht verzeichneten Wasserstelle kommt uns eine Elefantenherde entgegen! Aufgeregt und ein bisschen eingeschüchtert fotografieren wir sie, wie sie sich mit dem lehmigen Wasser bespritzen und dann weiter ziehen.

Weiter verwirren wir eine Straussenfamilie und werden von einem nicht enden wollenden Springbockwechsel aufgehalten. Zurück in Okaukueja kostet es uns ein wenig Geduld, den beiden Damen am Kiosk unsere Bestellung mitzuteilen; nach einem raschen Imbiss verbringen wir die Zeit der Mittagshitze mit der Inspizierung des Ladens -- alles sogar teurer als in Swakopmund -- der Ergänzung unserer Wasservorräte und Tanken.

Endlich brennt die Sonne nicht mehr wie die Strafe zorniger Owambo-Götter und wir brechen in Richtung Halali auf; hier wollen wir Kurt und Erika treffen und zelten. Natürlich nehmen wir zahlreiche Umwege, um Tiere zu finden; gleich auf unserem ersten Abstecher zur Salzpfanne machen wir vor uns einen Wagen aus, der gegenüber einem niedrigen Strauch angehalten hat und dessen Insassen sich auf einer Seite drängen. Fast würgt der Motor ab, als wir fest stellen, was er gesehen hat: Unmittelbar neben der Straße, im Schatten des Baumes hat sich hechelnd ein Löwenmännchen niedergelassen! Wir trauen uns kaum, das Fenster einen Spalt zu öffnen, um aufgeregt flüsternd das Tier zu fotografieren. Da! Der Löwe blickt zu uns und erhebt sich; alles bibbert mit Tränen in den Augen, doch er legt sich bloß wieder anders hin und hechelt weiter.

Auf unserem weiteren Weg treffen wir auf zwei Oryxe, die kämpfend ihre Hörner kreuzen. Schuldbewusst blicken Sie uns an, als sie uns bemerken. Wir taufen sie Luis und Carl und fahren weiter zum nächsten Wasserloch.

Auf Gnus und Zebras stoßen wir, Giraffen recken hinter Bäumen ihre Hälse. Zum ersten mal sehen wir Kuh-Antilopen und bestaunen eine ganze Herde Oryxe. Dann erreichen wir Halali; ob Kurt und Erika es auch geschafft haben? Doch der grüne Land Rover ist nirgends zu sehen und so beziehen wir nach dem Einchecken unseren Zeltplatz, machen uns frisch und ziehen in Richtung Restaurant. An unserem Tisch warten wir bereits eine knappe halbe Stunde auf jemanden, der unsere Bestellung entgegen nimmt, als Britta aufspringt: "Meine Eltern sind da!" In der buchstäblich letzten Sekunde haben sie es hierher geschafft. Zuletzt wurden sie durch den Anblick eines Löwen aufgehalten, der gerade ein Zebra gerissen hatte. Es gibt wieder einmal ein herzliches Wiedersehen; und weil inzwischen auch ein Kellner uns erkannte, feiern wir es mit Steaks, die auf ihren Gusseisen-Tellern brutzeln.

Mittwoch, 4. Januar 2012

Fünfzehnter Tag: Giraffen und Bürokraten

Ein kurzes Frühstück -- wieder unter den wachsamen Augen des Klippschliefers, der es sich auf dem gleichen, schattigen Plätzchen bequem gemacht hat -- dann machen wir uns schweren Herzens auf den Weg. In dem Haus mit den hundert Winkeln und tausend Schätzen hat es uns gut gefallen.

Wieder einmal im Konvoi fahren wir zunächst in Richtung Outjo, einer ehemaligen Garnisonsstadt der Südwest-Truppe. Hier wollen wir Rast machen und Kurt möchte einen neuen Regler suchen. Wir finden die sehr gute "Bäckerei Outjo", wo auch warme Mahlzeiten angeboten werden: Hamburger, Pasteten und Hot Dogs, zum Nachtisch Apfelstrudel.

Leider hat kein Mechaniker geöffnet, also beschließen Kurt und Erika zurück zu bleiben und uns morgen abend in Halali zu treffen. Wieder einmal sind wir alleine unterwegs. Am Andersson-Gate füllen wir die Formulare aus, die zum Betreten des Etosha-Parks notwendig sind. Sogleich biegen wir ab, um am Ombika-Wasserloch unser Glück zu versuchen. Und wir haben Glück! Springböcke, Zebras und sogar Giraffen haben sich eingefunden. Wir machen Fotos und Oh! und Ah! und reißen uns endlich los.

Wir müssen noch unseren Zeltplatz in Okaukuejo organisieren. Sämtliche Zeltplätze des staatlich verwalteten Etosha sind Staatsbetriebe, was sich nicht völlig verbergen lässt. Bei der Anmeldung in Okaukuejo heißt es erst einmal warten; aus Gründen, zu deren Verständnis langjähriger Staatsdienst nötig ist, kann man nämlich die Aufenthaltsgebühr für den Etosha nicht beim Eintritt bezahlen, dort wird nur ein Formular ausgefüllt; auch kann man die Etosha-Gebühr nicht bei der gleichen Beamtin entrichten wie die Zeltplatzgebühr. Die Damen sind freundlich, arbeiten jedoch mit der Geschwindigkeit tektonischer Platten.

Endlich ist es geschafft und wir suchen unseren Zeltplatz auf. Dieser liegt inmitten einer staubigen, mit wenigen Bäumen bewachsenen Fläche auf denen vereinzelt die Waschhäuser stehen. Bevor wir zur nachmittäglichen Foto-Safari aufbrechen, suchen die Kinder und Britta den Pool auf und ich stürze mich in das bürokratische Labyrinth, das zum Erwerb einer Waschmünze durchlaufen werden muss.


Unser Weg führt uns heute nach Norden, vorbei an grasenden Springböcken, Gnus und Zebras.Vor uns hält ein anderes Fahrzeug gegenüber einem niedrigen Baum. Unsere ersten Löwen sind kaum zu erkennen, so, wie sie im Hohen Gras liegen. Weiter geht die Fahrt, doch nicht besonderes ist zu entdecken. Auf der Rückfahrt jedoch sehen wir in 200 Metern eine Löwin durch hohe Gras schleichen. Sie scheint etwas zu wittern, läßt sich aber wieder nieder.

Wir bauen die Dachzelte auf, erfrischen uns und schlendern zum Restaurant, wo uns ein Buffet erwartet. Die Köche hinter der Garfläche scherzen laut mit den Gästen und machen ein wenig Theater. Ich gehe mir selbst und Luis noch einmal Nachschlag holen und wir stellen wieder einmal fest: Namibia ist nichts für Vegetarier. Es ist bereits dunkel, als wir auf dem Rückweg zu den Zelten einen Abstecher zur beleuchteten Wasserstelle machen. Wir werden belohnt mit Giraffen, die hier ihren Durst löschen -- und sogar zwei Nashörnern. Satt und zufrieden kriechen wir unter die Moskitonetze und in unsere Schlafsäcke

Dienstag, 3. Januar 2012

Vierzehnter Tag: zu Besuch bei den Himba

Heute schlafen wir vier aus; Kurt und Erika sind schon lange wach, als ich endlich gewaschen und erfrischt zu ihnen komme. Auf dem Weg begegne ich einer Manguste und Eidechsen krabbeln vor mir davon. Irgendwann sitzen auch Britta und die Kinder am Frühstückstisch, über das von einem Felsen ein Klippschlieffer wacht. Luis und Carl hüpfen so rasch wie sie dürfen in den Pool, Kurt setzt sich mit Sudoku-Rätseln auf eine Liege und ich vervollständige meine Notizen für dieses Tagebuch.

In der Zwischenzeit fahren Britta und Erika nach Kamanjab, um Geld zu holen und Grillgut für heute abend einzukaufen. Im Kühlregal des Supermarktes gibt es nur Hühnerleber und Boerewoorst, also versuchen sie es an der Fleischtheke. "Haben Sie Rumpsteak oder Sirloin?" Fragt Britta die Verkäuferin, welche jedoch den Kopf schüttelt. "Bitte zeigen Sie uns ihre besten Fleischstücke", versucht Britta es dann. Unsicher zieht sich die Verkäuferin eine Plastiktüte über die Hand und hebt ein paar Lappen aus dem Haufen vor ihr hoch. Mit ihrer Fleischtüte stellen sich Britta und Erika an der Kasse an, gleich hinter einer Himba-Dame -- erkennbar an ihrer rötlichen Haut, dem Eisenschmuck um Fuß- und Handgelenken, der Haar- und der Abwesenheit übriger Tracht.

Kurz nach Mittag: "Der gehört mir!" übersetzt Maria die Rufe der Himba-Kinder, die Luis beim Arm genommen haben. "Und der hier mir!" rufen die anderen, die Carl auf diese Weise in ihr Dorf begleiten. Vor einer halben Stunde holte Maria Kurt, Britta, die Kinder und mich für unseren Besuch im Himba-Dorf ab. Dort, so erzählt sie uns, lebten 35 Waisenkinder bei den Frauen und Männern. Die Himba gehörten bis vor 150 Jahren zu den Herero, blieben jedoch bei deren Wanderungen im Norwesten Namibias zurück. Dort wurden Sie von den einwandernden Nama ausgeraubt, dezimiert und vertrieben, so dass die Flüchtlinge zum Überleben betteln mussten. Daher ihr Name: "Himba" heißt nichts anderes als "Bettler". Inzwischen haben sie es wieder zu Wohlstand gebracht, was nach Himba-Maßstäben umfangreiche Vieh- und Ziegenherden bedeutet. Zivilisatorische Errungenschaften wie Strom und fließendes Wasser behandeln sie als im Vergleich zu ihren Traditionen überflüssig.

Von Maria erfahren wir, dass von den Waisenkindern viele zur Schule in Kamanjab gefahren werden, wo auch zwei ihrer eigenen Kinder Unterricht bekommen. Dann sind wir schon im Dorf, wo besagte Kinder sich neugierig auf Luis und Carl stürzen. Runde, strohgedeckte Hütten -- aus Kuhdung und Lehm gebaut, wie Maria erläutert -- stehen im Kreis um den Kälberkral in der Dorfmitte. Im Schatten der Hütten und Bäume sitzen zwei Himba-Damen und schwatzen mit einer Herero-Frau; diesen werden wir als erste vorgestellt: "Moro, periwi?" werden wir gefragt, was Maria uns auf dem Weg als "guten Tag, wie geht es?" beigebracht hat. "Naua, okuhepa", antworten wir artig: "gut, danke." Wir werden ausgefragt über die Familienbeziehungen, wo wir herkämen, ob das weit sei usw.

Uns wird die Haartracht aus Ziegenleder der verheirateten Frauen erklärt sowie die Gamaschen aus Eisenperlen und der Handgelenkschmuck. Der Halsschmuck wird sechsfach aus Palmenblättern geflochten, wobei Britta bei der nächsten Gruppe hilft. Wir bieten ihr an, sie in drei Jahren wieder abzuholen, aber sie möchte lieber zur Dorfältesten-Hütte mit dem heiligen Feuer davor mitkommen. Das heilige Feuer dient dem Dorf als Kanal zu den Ahnen, hier werden Zeremonien gefeiert wie Hochzeiten, Geburten und das Ausschlagen der unteren Schneidezähne.

Wir dürfen in der Hütte Platz nehmen, wobei Maria uns darauf hinweist, dass Frauen rechtsherum eintreten und Männer nach links. Eine Himba-Dame zeigt uns, wie sie mit Rauch ihre Morgentoilette macht -- bei den Himba dürfen nur die Männer sich mit Wasser waschen -- und wie man die aus Ocker, Butter und gemahlenen Kräutern gefertigte Paste aufträgt. Unter einem Baum liegt eine Frau, die sich von anderen die Zöpfe neu flechten lässt. Dabei wird reichlich Asche mit eingeflochten, als Schutz gegen Ungeziefer. Überall wuseln Kinder nahe ihren Müttern herum. Ein kleines Mädchen krabbelt von hinten gegen Kurt, der es gerührt in den Arm nimmt.


Wir treffen Luis und Carl spielend bei ihren neuen Freunden; Carl hatte sich als erster auf sie eingestellt und ihnen sein Taschenflugdrachen gezeigt, aber auf Luis ist inzwischen aufgetaut. Zum Schluss begleiten uns einige Frauen zu einem aus Latten und Ästen gebauten Gestell, das ihnen als Laden dient. Britta gefällt eine Kette, Luis beschwatzt Carl so lange, bis er einwilligt, dass sie sich zwei gleiche Armbänder aus Eisenperlen und einer Nuss kaufen lassen. Zurück am Filmhaus verabschieden wir uns von Maria, die Kinder hüpfen noch einmal in den Pool und ich genehmige mir eine Dusche, dann wird der Grill angeschmissen. Es wird spät unter dem südlichen Sternenhimmel

Montag, 2. Januar 2012

Dreizehnter Tag: Geheimnishaus und Stachelschweine

Noch einmal frühstücken wir unter dem Mopane-Baum, wieder in Gesellschaft der jungen Katze. Luis und Carl haben sie "Mamizia" getauft. Dann geht es mit dem Wagen auf's staubige Waschbrett. Während der Fahrt möchten die Kinder wieder "Die geheime Benedikt Gesellschaft" hören. Doch es rumpelt so laut, dass Reynies, Klebers, Kates und Constances Abenteuer kaum zu verstehen sind. In Khorixas machen wir kurz Pause. Wir tanken und versuchen vergeblich, einen Geldautomaten zu finden, dafür winken ganz viele Schwarze mit Makalani-Nüssen und wollen unsere Namen wissen.

In Kamanjab ist die "Pension Oase", wo Kurt und Erika die Nacht verbringen wollten, dank Else rasch gefunden. Doch das Haus hat deutlich geschlossen: Tor verriegelt, Läden unten, ein Zettel am Zaun. Etwas weiter die Straße hinauf steht jedoch eine weitere Herberge, das "Oppi Koppi". "Ja, ein deutsches Ehepaar übernachtete hier," bestätigt die Tochter der Wirte. "Sie sind heute morgen in einem grünen Land Rover mit deutschem Kennzeichen abgefahren." Das ist eindeutig. Wir klappern noch die Geldautomaten im Ort ab. Vorher hält uns jedoch eine Militärstreife ab. "Guten Tag, wie geht es Ihnen? Wo kommen Sie her? Khorixas? In Ordnung." Alle beide Geldautomaten des Ortes stehen in geschlossenen Supermärkten, also geht es wieder auf die Landstraße und nach einem verwirrten Augenblick des Rechtsverkehrs in Richtung des Treffpunkts.

Von der Landstraße fahren wir ab auf eine Sandpiste, die sich zwischen vereinzelten Bäumen, Ziegenherden und an einem Dorf vorbei windet. Dann stehen wir vor einem in eine Felsengruppe gebauten Haus: Der Onjowewe Lodge. Davor parkt bereits der bekannte grüne Landy mit Krefelder Kennzeichen, aus dem Schatten laufen uns die Großeltern entgegen und wieder einmal feiern wir Wiedersehen. Zunächst verstauen wir die Vorräte im Gasbetriebenen Kühlschrank, der in der Küche im Erdgeschoss steht.Wir steigen die Treppe zum Wohnbereich herauf. Hier ist alles offen und luftig gebaut, wir werden das Haus in den nächsten zwei Tagen mit seinen ständigen Bewohnern teilen: Vögel und Eidechsen.

An der Terrasse ist der Grillplatz gemauert und es geht eine Holztreppe zum Pool herunter. Eine Treppe führt hinauf zu unserem Schlafzimmer und öffnet man dort eine weitere Tür, führen Bretterwege durch, um und auf die Felsen. Von hier aus kann man weit über die Baum- und Strauchbewachsene Ebene blicken. Während wir unsere Sachen einräumen, käschern die Kinder den Pool sauber und hüpfen hinein.

Zum Abendessen lädt Kurt uns ins Oppi Koppi ein. Zu sechst klettern wir in den Landy -- die zweite Batterie ist abgeklemmt, offenbar ist es der Regler, der defekt ist, und auch den Thermostaten des Kühlschranks hat es erwischt -- und rumpeln zurück nach Kamanjab. Das Oppi Koppi bietet eine einfache, aber viel versprechende Speisekarte, einen Pool, drei Hunde und einen jungen Springbock, der sich aber selbst zu den Hunden zählt. Luis und Carl versuchen, ihn anzulocken und schließlich wird ihre Mühe auch belohnt. Der Trick: etwas Salz auf die Handfläche streuen.

Für den Abend hat Kurt sich etwas besonderes ausgedacht: Durch die Dämmerung suchen wir nach der Abzweigung zum "Porcupine Camp". Doch das Schild ist kaum zu sehen, wir müssen nach dem Weg fragen und als wir ankommen, ist es bereits dunkel. Doch die Vorstellung hat noch nicht begonnen: der Haufen Gemüse liegt noch unangetastet im Scheinwerferlicht vor der Veranda. Wir bestellen Getränke, die Eigentümerin hält einen kurzen Vortrag über Stachelschweine, ihre verschiedenen Stachelhaare und da! Schon erscheint eines der Tiere und nähert sich vorsichtig dem Futter, probiert zögernd und verschwindet wieder. Dann kommt das nächste und schon bald schubsen sich sieben dieser Tiere um die Futterstelle. Ein Stachelschwein kommt sogar auf die Veranda; die Eigentümer hatten es als Jungtier gefunden, großgezogen und wieder ausgewildert. Es ist spät geworden, als wir wieder am Filmhaus sind. Britta und ich tragen die schlafenden Kinder hinauf und decken Sie unter dem Moskitonetz zu.

Sonntag, 1. Januar 2012

Zwölfter Tag: Buschmannbilder und Damara

Kurt und Erika mussten sich erneut von uns trennen: die Zusatzbatterie stinkt immer noch, sie können in ihrem Zelt darüber nicht mehr schlafen. Also fahren sie voraus nach Kamanjap -- selbst wenn sie dort keinen Mechaniker finden sollten, so können sie in einer Pension ohne Batteriegestank nächtigen.

Wir vier machen uns auf den Weg nach Twyvelfontein, um uns dort auf einer Tour zu den Felszeichnungen führen zu lassen. Den Weg dorthin finden wir zunächst nicht, also fragen wir in der Twyvelfontein Country Lodge in der Nähe. Hinter einem Weg durch eine Felsgruppe erhebt sich die Lodge, davor plätschert ein Wasserfall in einen mit Rasen umwachsenen Pool: Hier möchte ich Mittagspause machen.

Die Anmeldung zur Tour liegt hinter einem staubigen Parkplatz; beim Aussteigen entdeckt Carl, dass es unter dem Wagen tropft. Ich krabbele unter das Fahrzeug, es ist Wasser, das aus dem Überlauf des Wasserkühlers zu kommen scheint. Visionen von einem kochenden Motor auf der Wüstenpiste nehmen mir die Entspanntheit.

Unser Führer, ein Damara, geleitet uns zusammen mit einem Krakauer Paar das wir bereits in Xaragu kennen lernten, den Felsen von Tywelfontein hinauf. Eine angeblich fünftausend Jahre alte Ritzung der Buschleute auf Sandstein soll Wasserstellen bezeichnen. Dann kommen wir an ein Rinnsal im Felsen; auf der kurzen Grasfläche davor dienen die Steine den Eidechsen als Sessel, von denen aus sie sich am Insekten-Buffett bedienen: die "zweifelhafte Quelle", die Twyvelfontein den Namen gab. Weiter geht es zu einem großen überhängenden Felsen. Unter diesen sind mit Ocker Bilder von Jägern und Tieren gemalt.

Zeit für Fotos und für eine Trinkpause. Ein paar Felsen weiter kommen wir zu einer weiteren Quelle, die unser Führer mit der Handpumpe betreibt. Die Kinder erfrischen sich, ich fülle zwei Flaschen mit dem trinkbaren Wasser. Zurück am Auto stelle ich fest, dass der Wasserkühler randvoll ist, auch die Motortemperatur bleibt auf dem Weg zur Tywelfontein Lodge im sicheren Bereich. Wir lassen uns zu einem Tisch führen und bedienen uns am Buffet: ein Koch brutzelt frisches Fleisch vom Huhn, Rind oder Springbock für uns, dazu sucht man sich die Soße und das mit zu bratende Gemüse aus. Die Kinder essen reichlich, und auch ich lasse mir Nachschlag geben.

Dann fahren wir zum "lebenden Museum", dem nachgebauten Dorf der Damara hinter einem Sandsteinfelsen. Unsere Führerin namens Xenia (?) Stellt uns den Dorfältesten vor, dann beginnt die Führung mit der "Apothekerin": uns werden die verschiedenen Pflanzen des Busches und ihre Verwendung erklärt; es gibt eine, die zu Hustentee aufgegossen wird und sehr aromatisch riecht, eine andere, die gegen Bauchschmerzen wirkt und eine andere, deren Tee man bei Blähungen nehmen soll. Besonders wichtig: ein wildes Getreide, das zu Grütze verarbeitet wird -- und zu Bier, wie wir an einem von Bienen umschwirrten Gärgefäß vorgeführt bekommen. Es folgt eine Vorführung des Gerbens an einer Ziegenhaut und bei den "Juwelieren" dürfen Luis und Carl beim Bohren der Straußeneierschalen mithelfen. Besonders beeindruckend: drei Männer drehen dir Spitze eines Stabes aus Hartholz in einer vorgebohren Mulde eines Stückes weichen Holzes, dazu wird getrockneter Dung gestreut. Sie wechseln sich ab, bis eine kleine Glut im Dungpulver entsteht; dieses überträgt einer der Männer vorsichtig und unter blasen in ein Nest aus trockenem Gras, das schließlich Feuer fängt.

Der "Schmied" ist ebenso kurz angebunden wie als "Gerber", dann folgt der wohl obligatorische Tanz. Endlich geht es auf die halbstündige Buschwanderung, auf die uns ein Jäger und ein kleiner Junge begleitet, der schon die ganze Zeit von Luis und Carl fasziniert schien. Uns werden die Pflanzen des Busches und ihr Nutzen erklärt, der Jäger simuliert das Anschleichen und schießt seinen Bogen ab. Luis und Carl dürfen es auch einmal versuchen. Eine ebenso einfache wie wirkungsvolle Kleintierfall wird aus einem großen flachen Stein, Zweigen und einer Schnur gebastelt.

Beim Kunsthandwerkladen am Ausgang kriegt Luis einen Nashorn-Anhänger und Carl einen kleinen Bogen mit Köcher. Zurück im Xaragu-Camp hüpfen die Kinder in den kleinen Pool. Später, nach einem leichten Abendessen, verballern die Kinder die Reste der mitgebrachten Böller und entfache ich ein gemütliches Lagerfeuer -- mit Feuerzeug, wie kunstlos -- zu dem sich die Familie und auch eine junge Katze gesellen.