Dienstag, 27. Dezember 2011

Siebter Tag: In der Wüste tanzt die weiße Dame


Heute rollen wir noch früher aus den Betten als Tags zuvor, denn unsere Wüstentour mit "Living Desert Adventures" soll beginnen, während es noch kühl ist. Verschlafen stopfe ich die Kinder in ihre Klamotten und Britta torkelt zum Supermarkt, um Frühstück zu kaufen. Wir schlingen es irgendwie herunter, dann stehen wir schon vor dem Hotel und kurz darauf hält vor uns ein sandfarbener Geländewagen.

Douglas, ein rotgesichtiger, knorrig wirkender Einheimischer begrüßt uns auf deutsch. Wir steigen in den Land Rover zur bereits wartenden dreiköpfigen chinesisch-deutschen Familie und fahren los, um den Wagen mit den übrigen Teilnehmern zu treffen und Chris, unseren Führer. Chris wirkt sportlich und geradezu jugendlich, obwohl er etwa Mitte vierzig sein müsste. Er merkt sich unsere Namen, dann geht es mit den Fahrzeugen durch das trockene Bett des Swakop und in die Dünen.

Douglas erklärt uns, dass das Grün im Flussbett noch von den Regenfällen im März stammt. Der Fluss verhindere, dass Swakopmund unter den Dünen versinkt, die nach Nordosten zögen. Alle paar Jahre führe der Fluss Wasser und spüle den Sand davon. Douglas zeigt auf alte Brückenpfeiler in Richtung Mündung; dort stand eine Eisenbahnbrücke, die vor achtzig Jahren fort gespült wurde. Es wurde eine neue Bahnlinie gebaut, die jedoch inzwischen der Sand verschüttet hat. Am Rande einer mannshohen Düne lässt Chris halten. Er hält zunächst eine kurzen Ansprache über die Übel des Quadfahrens in der Wüste -- ein Thema, das ihm offenbar am Herzen liegt und uns darin erinnert, dass wir Luis und Carl morgen eine Runde auf Quads spendieren wollten.

Dann erklärt er uns den Lebenskreislauf der Wüste: der Nordostwind weht aus dem Landesinneren totes Pflanzenmaterial hierher, das sich unter den Leeseiten der Dünen sowie unter den Wüsten-Sukkulenten sammelt. "Muesli" nennt Chris das, und der Tau sei dazu die Milch.

Silberfische und Käfer wie "Toc-Tocs" ernährten sich davon, und von diesen leben etliche Jäger. Einen davon führt Chris uns auch gleich vor. An der Leeseite der Düne waren uns bereits tellergroße helle Stellen aufgefallen. Um eine dieser Stellen räumt er weiträumig den Sand fort, um den Bau des Tieres nicht zu verschütten. Dann buddelt er der Röhre nach, die eine halbe Armlänge tief in die Düne reicht. Blitzartig richtet er sich auf und ein Kinderfaust großes Knäuel rollt die Düne herab. Unten angekommen, tänzelt die Spinne um sich herum, das vordere Beinpaar in Angriffshaltung.


Chris erklärt uns, das beides, das herabrollen lassen und tänzeln, typisch sei für die Dancing White Lady. Ein paar Fotos später geht es wieder in die Fahrzeuge.

Wir fahren langsam zwischen die Dünen weiter, dann hat Chris eine geschlängelte Spur im Sand entdeckt und lässt uns wieder aussteigen und fragt unser Wissen ab: "Was hat diese Spur hinterlassen? "Eine Schlange", meint ein Tourgast. "Aber nein, ich hatte es doch erklärt!" "Ein Skink!" weiß jemand anderes. Chris hat die Beine- und Augenlose Echse rasch ausgegraben. "Es ist noch langsam, weil der Sand noch nicht warm ist," erklärt uns Chris. Wer saubere Hände hat und möchte, kann das Tier auf die Handfläche bekommen. Natürlich möchte ich, und Luis und Carl probieren ihre neuen Kameras aus.
 Das nächste Tier, dessen Spur Chris entdeckt wohnt in einer Sandhöhle, die nur durch den frischen Sand davor zu erkennen ist. Es ist ein Geckoweibchen dessen rosa Körper leicht durchsichtig wirkt. Nachdem Fotoshooting gräbt Chris ihm eine Höhle in den feuchten Sand, in der es buddelnd verschwindet.
An einem Geröllfeld halten wir abermals. Einer der Steine hat sich bewegt. Erst als wir näher herankommen erkennen wir das dunkle Tier: Ein Chamäleon. Chris ist ganz aufgeregt: wie man am hohen Rücken und den gelben Streifen am Hals erkennen könne, ist dies ein Männchen, und die seien hier weit seltener anzutreffen als die Weibchen. "Die Männchen haben einen ganz anderen Charakter als die Weibchen, sie sind viel aggressiver," so erklärt uns Chris, während der Chamäleonmann die zugeworfenen Würmer verschmäht. Chris wird leicht gebissen, als er das Tier auf die Hand nimmt. "Schaut nur, wie er sich dunkel macht, der ärgert sich richtig." Chris lässt das Reptil wieder auf den Boden, wo es sich gelb verfärbt und davon eilt.
"Da hinten ist noch eins, diesmal ein Weibchen!", ruft Chris uns zu einer anderen Stelle. Frau Chamäleon zeigt eine hellbraun-rosa Farbe, lässt sich zutraulich von Chris auf die Hand nehmen und nimmt gerne die angebotenen Käfer und Würmer an.
Dann geht es wieder weiter die Dünen hinauf, wo Chris uns die verschiedenen Sandarten erklärt: hellen groben Quarzsand, dunkleren feinen, roten Granat-Sand -- und schwarzen Sand. Chris holt einen Magneten hervor und zieht damit die feinen schwarzen Körnchen vom Boden an. Carl kriegt diesen auf Handfläche und Arm gehäuft, die Dann vom Magneten nach unten gezogen werden: Magnetit-Sand. Es folgt eine Fahrt hoch auf die Dünen zwischen zwei weiten Ebenen. Die Wolken über dem Küstenstreifen verziehen sich, in der Ferne sieht man Swakopmund.

Nach dem Ende der Tour setzt Douglas uns wieder am Hotel ab. Mit Kurt und Erika bummeln wir am Nachmittag durch die Stadt. Die Stimmung ist gelöst, denn der Landy funktioniert wieder. Wir spazieren die Strandpromenade entlang zum Plantsch-Spielplatz, den Kinder so gerne besuchen wollten. Britta und Erika setzen sich ins Café "Altes Brauhaus" während Luis und Carl auf Wasserrutschen und Hüpfburgen spielen. Abendessen gibt es heute im "Ocean Basket", das aus gutem Grund überfüllt ist. Glücklicherweise haben wir reserviert und können uns für Sushi und Garnelen ausgiebig Zeit nehmen.

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